Vom 21. September bis zum 1. Oktober fanden im italienischen Pescara die Masters-Europameisterschaften in der Leichtathletik statt. Aus dem Läufer-Team der LG Allgäu machten sich insgesamt fünf Athleten auf den Weg in den Süden, um mit etwa 9000 weiteren Sportlern aus ganz Europa um die Medaillen zu kämpfen. Und das Erfreuliche: Alle fünf Allgäuer durften die Heimreise mit mindestens einer Medaille im Gepäck antreten.
Stecker und Hörmann holen Team-Medaille, Scholz verpasst unglücklich den Crosslauf
Während die beiden M50-Athleten Christian Scholz (SVO LA Germaringen) und Roland Meier (TV Kempten) auf den letzten Wettkampftag warten mussten, ehe sie sich ihr persönliches Mitbringsel um den Hals hängen durften, gelang das Harald Stecker (M55) und Otto Hörmann (M65) vom TV Kempten bereits an ihrem ersten Wettkampftag. Sowohl Stecker als auch Hörmann schafften mit dem deutschen Team im Crosslauf den Sprung auf das Treppchen. Dabei waren die Voraussetzungen für diesen Wettkampf alles andere als gut. Nachdem die erste Wettkampfwoche von großer Hitze geprägt war, kam es am Wochenende zu einem Wetterumbruch. Sintflutartige Regenfälle sorgten dafür, dass der Lauf zunächst verschoben werden musste, und verwandelten zudem die Wettkampfstrecke in eine Sumpflandschaft. Die beiden Allgäuer Athleten ließen sich davon jedoch kaum beeindrucken. Stecker erreichte das Ziel als zweitbester Deutscher und 13. seiner Altersklasse und sicherte sich damit die Bronzemedaille in der Mannschaftswertung. Für Hörmann sollte es sogar für die Silbermedaille im Team reichen. Ebenfalls als zweitbester Deutscher und 10. der Altersklasse M65 musste sich das deutsche Team um Hörmann lediglich den siegreichen Italienern geschlagen geben. Weniger glücklich verlief der Start für Christian Scholz, der sich während der Regenunterbrechung im falschen Call-Room aufhielt und so seinen ersten Wettkampf verpasste. Für ihn sollte es jedoch noch zwei weitere Chancen im 10km-Straßenrennen und im abschließenden Halbmarathon geben.
10km-Straßenlauf in der Nachmittagshitze – Kotissek gewinnt erste Goldmedaille
Als sich die Läufer am Donnerstag an der Startlinie des 10km-Straßenlaufs aufstellten, herrschten spätsommerliche Temperaturen von über 25 Grad. Thomas Kotissek (TV Kempten, M45) ging mit großen Ambitionen an den Start. In einem schnellen Rennen entwickelte sich rasch ein Zweikampf um die Goldmedaille zwischen Kotissek und dem Schweden Uhrbom, der sich erst auf den letzten 500 Metern entscheiden sollte, und zwar mit dem besseren Ende für den 46-jährigen Allgäuer. Ihm gelang es, sich kurz vor dem Ziel entscheidend von seinem Konkurrenten abzusetzen. „Wenn man merkt, dass man plötzlich mit jedem Schritt ein bisschen mehr wegkommt, setzt das noch mal was frei!“ erklärt Kotissek sein starkes Finish. Als Gesamtdritter sicherte er sich in einer Zeit von 32:09 min seinen ersten Europameister-Titel. Gleichzeitig bedeutete das die Silbermedaille in der Mannschaftswertung.
Harald Stecker (9. Platz, 38:15 min) und Otto Hörmann (8. Platz, 42:26 min) gelang beim 10km-Lauf erneut der Sprung aufs Siegerpodest. Beide holten in der Teamwertung ihrer jeweiligen Altersklasse ihr zweite Medaille. Diesmal durfte sich Stecker die Silbermedaille umhängen, für Hörmann gab es die Bronzemedaille. „Zwei Medaillen nach Hause mitzubringen, das ist wirklich ein schönes Andenken an diese EM“, zeigten sich die beiden sichtlich zufrieden mit ihrer Ausbeute. Hörmann schob auch noch den Grund nach, warum er immer wieder zu internationalen Meisterschaften reist: „Es war wieder mal beeindruckend, sich mit Menschen aus so vielen verschiedenen Ländern zu messen. Das verleiht gerade den Laufwettbewerben eine tolle internationale Atmosphäre.“ Christian Scholz (SVO LA Germaringen, 36:59 min) und Roland Meier (TV Kempten, 37:41 min) haderten an diesem Nachmittag beide mit der großen Hitze und erreichten als 11. bzw. 16. der Altersklasse M50 das Ziel. Damit verpassten sie das Podium im Team als Vierter nur denkbar knapp.
Halbmarathon am letzten Wettkampftag – Versöhnlicher Abschluss für Scholz und Meier, Kotissek krönt sich zum Doppeleuropameister
Ungleich besser sollte es den beiden am letzten Wettkampftag ergehen, als für sie der abschließende Halbmarathon anstand. Die frühe Startzeit morgens um 9 Uhr mit den einhergehenden kühleren Temperaturen sorgte für deutlich bessere Voraussetzungen, um eine schnelle Zeit zu erzielen. Da beide in etwa das gleiche Leistungsniveau haben, wollten sie das Rennen auch gemeinsam angehen. Nach etwa 6 Kilometern waren sie sich ob des Tempos dann aber doch uneinig und Meier setzte sich etwas von Scholz ab. Bei Kilometer 10 hatte Scholz diesen Rückstand wieder wettgemacht. Und sein gleichmäßiges Lauftempo sollte sich später bezahlt machen. So setze er vier Kilometer vor dem Ziel zur Attacke an, forcierte das Tempo und konnte sich aus der Gruppe um Meier lösen. Eine neue persönliche Bestzeit vor Augen, mobilisierte er trotz der nun wärmer werdenden Temperaturen seine letzten Kräfte. Tatsächlich war er am Ende in 1h18:45 so schnell wie noch nie über die Halbmarathondistanz, was gleichzeitig den tollen sechsten Platz in seiner Altersklasse bedeutete. Aber auch Roland Meier konnte am Ende zufrieden auf sein Rennen blicken. Er behielt seinen vorauseilenden Mannschaftskameraden immer im Blick und erreichte „super glücklich“ lediglich 16 Sekunden nach ihm das Ziel, was auch für ihn eine neue persönliche Bestzeit und Platz 7 in seiner Altersklasse bedeutete. „Es war meine erste internationale Meisterschaft. Das Ganze hat mich schon sehr beeindruckt“, resümierte er abschließend. Dass die beiden mit ihren Leistungen maßgeblich zur Bronzemedaille in der Teamwertung beitragen konnten, sorgte für sie dann doch noch für einen mehr als versöhnlichen Abschluss.
Als Scholz und Meier ins Stadion einliefen, war das Rennen für Thomas Kotissek bereits beendet. Etwa 8 Minuten zuvor lief er durchs Marathontor ins Stadio Adriatico in Pescara ein und legte jubelnd die Zielgerade auf der blauen Laufbahn zurück: Zweites Rennen, zweiter Europameistertitel, zweite Goldmedaille! Aber der Reihe nach…
Dass Thomas Kotissek zu den Titelkandidaten im Halbmarathon in der Altersklasse M45 zählen würde, das war schon vor dem Startschuss klar. Dass es auch tatsächlich für die Goldmedaille reichen sollte, war aber ungewiss. „Drei Tage nach dem hart umkämpften 10km-Lauf einen Halbmarathon am Limit zu laufen, kann auch schief gehen. Da weiß man nie, wie schwer die Beine noch sind“, wusste Kotissek bereits vor dem Rennen. Hinzu kam, dass keiner seiner ärgsten Konkurrenten die Anstrengungen des 10km-Laufs in den Beinen hatte. Und als der stärkste dieser Konkurrenten sollte sich sein Nationalmannschaftskollege Sebastian Hönig erweisen. „Einen schnellen Teamkollegen zu haben, ist aber auch ein Vorteil“, ist sich der Füssener bewusst, denn so konnten die beiden ihre taktische Herangehensweise in der ersten Rennhälfte untereinander absprechen. Sie teilten sich die Führungsarbeit, behielten gemeinsam die internationalen Kontrahenten im Blick und forcierten im richtigen Moment das Tempo. So gelang es ihnen bei Kilometer 8, sich aus ihrer Gruppe zu lösen und die Führung in ihrer Altersklasse auszubauen. Bei Kilometer 13 war es dann jedoch mit der Freundschaft zu Ende. „Jetzt geht es um die Goldmedaille! Und da gilt es auch, den Teamkollegen im Zaum zu halten“, beschrieb Kotissek seine Gedanken zu diesem Zeitpunkt des Rennens. Drei schnelle Kilometer, bei denen er die Pace auf unter 3:10/km drückte, sorgten schließlich dafür, dass sich der 46-jährige Füssener von Hönig absetzen konnte. Nach und nach baute Kotissek seine Führung aus, und als das Stadion in Sichtweite war, betrug der Vorsprung bereits knapp 30 Sekunden. Was folgte, war der oben beschriebene Zieleinlauf, bei dem die Uhr bei 1h10:32 stehen blieb. „Ein Zieleinlauf in einem großen Stadion ist immer etwas Besonderes. Und wenn man dabei einen großen Titel gewinnt, ist das einfach unbeschreiblich!“ Und als Zugabe gab es auch dank der starken Vorstellung von Sebastian Hönig die Goldmedaille in der Mannschaftswertung. „Drei Goldmedaillen und eine Silbermedaille bei einer Europameisterschaft! Das toppt wirklich alle Erwartungen!“ äußerte sich der gebürtige Franke hochzufrieden. Und was ihn am meisten freut? „Dass ich nach dem Europameistertitel im Berglauf im Juli jetzt zwei Titel auf der Straße folgen lassen konnte, das ist schon etwas ganz Besonderes! Das sind ja schon zwei unterschiedliche Disziplinen. Das macht dann schon auch ein bisschen stolz!“